Donnerstag, 8. August 2013

Das Leben im Pfarrhaus

Na klar, man kann mich fragen, was so besonders ist am Leben im Pfarrhaus, ob das überhaupt etwas ist, was es wert ist, darüber zu schreiben.

Mein Mann und ich waren letztens auf einer Fortbildung, die auch das Leben im Pfarrhaus zum Thema hatte. Dort waren auch andere Pfarrehepaare, mit denen wir uns austauschen konnten. Und ich muss sagen, ja, man kann tatsächlich über das Leben im Pfarrhaus schreiben, denn es ist etwas Besonderes.

Es gibt sogar so viel zu schreiben, dass ich mehrere Posts daraus machen kann. Es gibt ja nicht nur das Haus, sondern auch die Menschen, die darin wohnen, also den Herrn Pfarrer, seine Frau und seine Kinder. Aber hier geht es erstmal um das Haus an sich, den Garten und die (nicht vorhandenen) Nachbarn.

Im Pfarrhaus zu wohnen hat positive und negative Seiten. Es überwiegen die positiven, wobei witzigerweise manche Punkte auf beiden Seiten vorkommen. Die Größe des Pfarrhauses, beispielsweise. Für die Familie gibt es genug Platz, wird haben zwei Gästezimmer unter dem Dach, zur Not können hier sieben Personen übernachten, ohne dass es größere Probleme gibt. Das ist von Vorteil, weil ich eine große Familie habe, die zumindest an Weihnachten so ziemlich komplett hier aufschlägt, mit mindestens sechs Leuten. Die Kinder haben ihre eigenen Zimmer, wir haben sogar zwei Badezimmer. Aber die ganze Fläche will ja auch geputzt und geheizt werden. Da das Haus nicht wirklich neu ist, ist die Wärmedämmung auch nicht gut. Gut, dass wir jetzt einen Schwedenofen im Esszimmer haben, da ist es immer schön warm im Winter. Mit dem Putzen komme ich leider gar nicht hinterher. Bei 2 kleinen Kindern, Mann, Hund und Katze halte ich das Haus einfach so sauber wie möglich, alles andere ist Luxus und macht einen Babysitter erforderlich.

Der Pfarrgarten ist grandios zum Spielen und Toben, wir haben eine Schaukel mit Rutsche im Garten stehen, einen Sandkasten und im Sommer Tisch und Stühle sowie ein kleines Planschbecken. Weil das Gemeindebüro auch bei uns im Haus ist, gibt es auch einen geteerten Weg, der sich super zum Befahren mit allen möglichen Fahrzeugen wie Laufrad, Bobbycar und Traktor eignet. Auch kann ich jedes Jahr tonnenweise Konfitüre kochen, wir haben Rhabarber, Himbeeren, Kirschen, Aprikosen, Brombeeren, blaue Trauben, weisse Trauben, Pflaumen, Äpfel, Birnen, wilde Erdbeeren und Johannisbeeren, aber wer soll das alles essen? Vieles naschen die Kinder, ein bisschen Konfitüre koche ich schon, zum verschenken, aber vieles lassen wir von Leuten aus der Gemeinde pflücken. Gemüse bauen wir auch nicht an, das ist nicht so wirklich unser Ding. Und leider ist der Garten so riesig, dass ich mit dem Jäten nicht hinterherkomme und es eher ein Naturgarten als eine geflegte Umlage ist. Glücklicherweise schneidet uns jemand im Frühjahr immer die Bäume und Sträucher, sonst würde ich echt verzweifeln.

Der Weg zur Arbeit ist sehr kurz, mein Mann hat sein Büro im Haus.Wenn die Kinder nicht mehr den ganzen Tag zu Hause sind, wird das sicher auch wieder sehr angenehm werden, aber zur Zeit ist es noch recht schwierig, den Kindern erklären zu müssen, dass Papa zwar da ist, aber arbeitet. Bei der Großen war das früher richtig schlimm. Mein Mann kam rein, um sich einen Kaffee zu holen, die Tochter sieht ihn und will Aufmerksamkeit. Die bekam sie, aber weil mein Mann natürlich eigentlich arbeiten musste, war das nur von kurzer Dauer. Dann ging er wieder ins Arbeitszimmer, sie rannte hinterher und brüllte dann erstmal eine Viertelstunde vor seiner geschlossenen Tür. Der Kleine ist eher auf seine Schwester fixiert, und weil die mittlerweile verstanden hat, dass Papa meistens zu Hause aber nicht da ist, spielen die beiden meistens einfach weiter, wenn mein Mann reinkommt und gleich darauf wieder verschwindet.

Da wir noch ein Unterrichtszimmer unten im Haus haben, gibt es nicht nur Publikumsverkehr zum Gemeindebüro, sondern auch ab und an Gruppen, die den Raum benutzen. Der Kirchenchor probt dort, glücklicherweise, denn so können mein Mann und ich mitsingen, ohne einen Babysitter zu engagieren. Die Jungschar schaut ab und an Filme dort, leider in unüberhörbarer Lautstärke. Und der Konfirmandenunterricht findet dort statt. Wobei die Konfirmanden meistens draußen mit ihren Mofas angeben müssen, was dem Schlaf der Kinder meistens nicht förderlich ist. 

Nachbarn zum Stören haben wir keine. Die Kinder dürfen so laut sein, wie sie wollen, denn neben uns gibt es nur Kuhwiese und Friedhof. Das ist wirklich schön. Aber leider haben wir so auch keine Kinder in der Nachbarschaft. Wenn wir Spielgefährten suchen, dann müssen wir uns schon auf den Weg zu Krabbelgruppen- oder Spielgruppenfreunden machen. Das liegt aber ja nicht am Pfarrhaus sondern am Umfeld. Hier in der Straße leben nunmal keine Kinder im gleichen Alter wie unsere.

Ein Vorteil der Pfarrhäuser in Deutschland ist, dass man keinen Besuch von den Zeugen Jehovas bekommt. Das gilt hier leider nicht. Die kommen hier trotzdem zu Besuch, um über Gott zu sprechen. Und mein Mann ärgert sich, dass er sie immer verpasst.

Eigentlich würden wir gerne ein "offenes Pfarrhaus" haben, aber der Vorgänger meines Mannes hat so viel Wert auf eine geschütze Privatsphäre gelegt, dass sich niemand hertraut. Aber vielleicht gibt sich ja mit der Zeit. Denn von mir aus könnte ruhig mal mehr Besuch vorbeischneien. Da hatte ich vor meinem Leben im Pfarrhaus mehr spontanen Publikumsverkehr.

Irgendwie ist es "unser" Haus, auch wenn wir zur Miete wohnen. Das wird hoffentlich beim nächsten Pfarrhaus genauso sein. So nach zehn bis fünfzehn Jahren ist es in der Schweiz bei Pfarrern üblich, die Stelle zu wechseln. Das zieht natürlich einen Umzug mit sich. Der Pfarrer hat nun mal Präsenzpflicht vor Ort, was ich für sehr gut und wichtig halte, aber wir müssen dann auch mitgehen. Dann gibt es ein neues Pfarrhaus mit neuem Garten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen